»NACHHALTIGE ERNÄHRUNG UND VERPACKUNG« – Frauenhofer Event

Etwas mehr als 1 Million Menschen in Deutschland ernähren sich derzeit Vegan oder verzichten weitestgehend auf tierische Produkte. Die Zahl der Vegetarier dürfte noch höher liegen. Klar ist aber, dass pflanzliche Alternativen nicht nur gut für den Planeten sind, sondern auch voll im Trend liegen und das haben inzwischen auch Investoren und das Venture Capitial entdeckt.

 

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Diese Investitionen untersucht Prof. Dr. Dietmar Grichnik, Professor für Entrepreneurship und Technologiemanagement an der Universität St. Gallen, unter anderem mit dem FoodTech Lab, einer Organisation der Hochschule St. Gallen, die einerseits den Markt für Lebensmittel analysiert und neue Geschäftsideen und Technologien mitentwickelt. Beispiele dafür sind Essento, das erste Insekten-Food-Startup in der Schweiz, oder die HSG/ETH-Ausgründung Planted, die in der Schweiz Fleischersatzprodukte anbietet. Die relevanten Food-Trends der vergangenen Jahre orientieren sich an den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen, darin sind Grichnik und sein Doktorand Eduard Müller, Research Associate & Project Manager Startup@HSG an der Universität St. Gallen einig. Grund dafür sei vor allem die projizierte Zunahme der Weltbevölkerung. »Die Agar- und Food-Branche ist im Vergleich zu anderen Sektoren von sehr hohen Ineffizienzen gekennzeichnet. Daher ist hier ein hoher Bedarf an Innovationen festzustellen. Folglich gehen immer mehr Startups Herausforderungen oder Probleme in der Agrar- und Nahrungsmitteltechnologie an.« Dass es sich dabei tatsächlich um einen Trend handelt, lasse sich laut Grichnik durch die Analyse der Investitionen in diesem Bereich belegen: In Europa seien alleine in 2019 mehr als 3,4 Milliarden Dollar in den Agrar- und Food-Sektor und hier vor allem in den Endkundenbereich geflossen. Das bedeutet einen starken Anstieg gegenüber den Vorjahren.

 

Investoren entdecken Food-Tech

Laut Müller sind die Vermeidung von Foodwaste, Verteilung und Weiterverbreitung derzeit die wichtigsten Bereiche. Als Beispiel nennt Müller ein Start-up, das über die Auswertung von Konsumenten-Daten Restaurants dabei unterstützt, zielgerichtet Lebensmittel zu bestellen und Überangebote zu vermeiden. Start-ups, die Lebensmittel vor der Müllkippe retten und in einem neuen Markt weiterverkaufen, haben wie Upcycling-Modelle, wenn etwa aus weggeworfenen Bananenschalen Fasern extrahiert werden, die Aufmerksamkeit der Investoren, das gilt auch für »alternativen Proteine« etwa aus Hanf, Erbsen, Insekten, Laborfleisch, Soja oder Lupinen. Neue Anbauformen wie die unterschiedlichen Spielarten des Vertical Farmings oder auch Personalisierte Ernährung, Connected Kitchen oder Direct2consumer sind ebenfalls interessante Themen. »Investitionsströme schaffen Visibilität«, erklärt Grichnik und im Zentrum dieser neuen Start-up-Biotope stünden nicht etablierte große Namen. »Der Kleine dominiert in diesem Spiel, fungiert als Orchestrator, weil hier die Stärke in der Kundenschnittstelle liegt«, so Prof. Grichnik. In diesem Food-Tech-Markt treten nicht nur spezialisierte Venture-Captitalisten auf, sondern auch Generalisten, was laut dem Gründungsexperten als Zeichen für die Etablierung dieses Marktes gewertet werden kann.

 

Gaumenrevolution

Wie aber sieht die Zukunft dieses Marktes aus? Für Grichnik sind die Mechanismen entscheidend, die die Entwicklung antreiben. »Man darf nicht davon ausgehen, dass Veganer oder Vegetarier die entscheidenden Gruppen sind, die diese Trends prägen, denn diese sind verhältnismäßig klein. Wichtig ist, durch neue und verbesserte Produkte die große Masse zu überzeugen. Wenn man nicht nur ein Ersatzprodukt hat, das aussieht wie eine Wurst, sondern ein viel besseres Produkt anbietet, dann erreichen wir diese Wende, die, worin wir alle übereinstimmen werden, absolut notwendig ist«, so Grichnik. Und nicht zuletzt aufgrund des steigenden Investitionsvolumen in diesem Bereich beschleunige sich die Entwicklung von Alternativen deutlich. Auch trotz starker Beharrungskräfte in traditionellen Bereichen geht Grichnik davon aus, dass der entscheidende Druck auf der Nachfrageseite entsteht. »Ich glaub auch, dass dieser Druck unumkehrbar ist und das kann man ja auch heute schon an den Zahlen ablesen.«